Fragen zur Tiefengeothermie – Teil 2

9. Wie groß wird die Lüfterfläche des Kraftwerks in Waghäusel sein?

Das können wir erst beantworten, wenn die tatsächlichen Leistungsdaten bekannt sind. Was jedoch das in den Medien kursierende Bild der geplanten Anlage in Graben-Neudorf betrifft, können wir nach aktuellem Stand sagen, dass die dort zu sehende Lüftungsanlage überdimensioniert ist und wesentlich kleiner ausfallen wird.

Die Lüftungsanlage unten verlief ursprünglich über die volle Länge des
nebenherlaufenden Betriebsweges. Nach aktuellem Planungsstand fällt sie um ca.  
kleiner aus.

10. Gibt es Alternativen, um den Lärm noch weiter zu minimieren? Alternativen zu den Lüftern?

Verschiedene Bereiche der Erdwärmeanlage können Lärmquellen sein. Wie bereits erwähnt, planen wir die technischen Anlagen einzuhausen und sorgen so bereits von Beginn an für einen möglichst leisen Betrieb. Geräuschemissionen der Ventilatoren der Kühlanlage können durch die Einstellung der Drehzahl, der Schaufelzahl, durch ihre geometrische Anordnung oder auch durch die Wahl bestimmter Größen und Formen verringert werden. Einen zusätzlichen Schallschutz können Lärmschutzwände bieten.

In Gesprächen mit BUND und NABU wurde deutlich, dass die Naturschutzverbände die Luftkühlung als umweltfreundlichste Lösung bevorzugen. Eine Alternative, die in Waghäusel jedoch praktisch nicht umsetzbar ist, wäre eine Wasserkühlung. Eine weitere Option wären Hybridkühltürme, eine Kombination von Wasser- und Luftkühlung, wobei jedoch wertvolles Trinkwasser verbraucht würde.

Mit steigender Wärmeabnahme, sinkt zudem der Bedarf an Kühlleistung, die allein für die Stromproduktion benötigt wird. Je mehr Wärme an Wärmekunden geliefert wird, umso weiter lassen sich die Luftkühler und mit ihrem Betrieb einhergehende Geräuschemissionen herunterfahren.

11. Existieren Referenzanlagen? Dass sich die geplante Anlage von negativen Beispielen (Staufen, Landau) unterscheidet, ist keine Garantie für Risikofreiheit!

Wenn Sie sich auf die Seismizität im Oberrheingraben beziehen, verfolgen die Anlagen in Bruchsal und Riehen (https://www.erdwaermeriehen.ch/erdwaerme-riehen) mit der Reservoirerschließung im Buntsandstein (Bruchsal) bzw. im Muschelkalk (Riehen) einen vergleichbaren Ansatz wie wir. Beide Kraftwerke laufen seit Jahren störungsfrei und ohne seismische Ereignisse zu erzeugen. Wenn Sie sich auf die Anlagengröße beziehen, ist die Erdwärmeanlage Grünwald (http://www.erdwaermegruenwald.de/Startseite/Projektportrait-EWG/Projektportrait-EWG/Das-Heizwerk/K152.htm), was die Lüftungstechnik betrifft die Anlage in Holzkirchen (https://www.gw-holzkirchen.de/de/Geothermie/), mit unserer Planung für Waghäusel vergleichbar.

Anmerkung: „Garantie für Risikofreiheit“, „Gefahren zu hundert Prozent ausschließen“ sind Ansprüche, die die IG und die mit ihr verbundenen Initiativen gerne an uns stellen. Wenn Sie diese Forderung an sich selbst richten: Können Sie diesen Anspruch erfüllen? Wenn Sie ehrlich sind, nein. Niemand kann das. Alle Energieformen, auch andere erneuerbare Energien bergen immer ein Restrisiko. Wir können aber garantieren, dass wir alle notwendigen Maßnahmen treffen, um nach aktuellem Stand der Technik ein Höchstmaß  an Sicherheit zu gewährleisten.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung drückt es wie folgt aus: „Das besondere an Innovationen ist ihre Kraft, Gegebenes in Frage zu stellen und grundlegende Veränderungen auszulösen. Damit diese Veränderungen auch wirklich positive Auswirkungen auf die Gesellschaft haben, müssen sie genau geprüft werden.

Denn viele Innovationen sind von Technologien geprägt, die individuelle Chancen, aber auch Risiken mit sich bringen. Eine zu 100 Prozent risikofreie Technologie gibt es leider nicht. Daher ist die Erforschung möglicher Risiken von Technologien ein wesentlicher Bestandteil der Innovationspolitik in Deutschland.“

https://www.innotruck.de/themenwelt/chancenundrisiken#:~:text=Innovationen%20ganz%20ohne%20Risiken%20gibt,so%20gering%20wie%20m%C3%B6glich%20halten.&text=Denn%20viele%20Innovationen%20sind%20von,Technologie%20gibt%20es%20leider%20nicht.

12. Haftung für Schäden an Gebäuden und Anlagen durch den Bau oder den Betrieb, die über der Versicherungssumme liegen.

Das Risiko wird von den Versicherern bewertet und die maximale Deckungssumme entsprechend festgelegt. Bislang hat es in Deutschland bzw. Europa keine Schadensfälle im Zusammenhang mit tiefer Geothermie gegeben, in denen die letztendliche Schadenssumme diese Deckungshöhe auch nur ansatzweise erreicht hätte.

13. Wie sieht die finanzielle Haftung konkret aus?

Die größte und effektivste Absicherung gegen eventuelle Schäden sind unsere vielen präventiven Sicherheitsmaßnahmen, die den Eintritt eines Schadens unwahrscheinlich machen. Sollte es dennoch einen Fall geben, gilt im Bergrecht eine Beweislastumkehr. Die Deutsche ErdWärme haftet entsprechend für alle Schäden, die im Zusammenhang mit einer unserer Anlagen auftreten. Dies erleichtert den Bürger*innen die Durchsetzung ihrer Ansprüche. Ein/e vereidigte/r Bausachverständige/r regelt als Ombudsfrau/mann vor Ort unbürokratisch, schnell und ohne aufwendige Gutachten den Ersatz von Schäden.

Für die von uns geplanten Projekte schließen wir Haftpflichtversicherungen mit Gesamtdeckungssummen pro Versicherungsjahr von 20 Mio. EUR bzw. 40 Mio. EUR (im Falle von zwei Ereignissen). Sie deckt Aspekte der Betriebs- und Produkthaftpflicht-, der Umwelt-Haftpflicht-, der Bauherrenhaftpflicht-, der Umweltschadens- und Bergschadensversicherung während der Bauphase und auch später in der Betriebsphase ab. Darüber hinaus streben wir eine Mitgliedschaft in der Bergschadenausfallkasse e.V. (BSAK) an. Diese garantiert eine zusätzliche Sicherung von 13 Mio. EUR, sollten die Versicherungssummen von 20 bzw. 40 Mio. EUR überschritten werden. Dies ist in der Geschichte der BSAK nie eingetreten. Kern der Absicherung durch die Haftpflicht ist, dass niemand schlechter gestellt wird als vor dem Schaden. Gebäudeschäden würden repariert, bei Gegenständen, die sich nicht reparieren lassen, der Zeitwert ersetzt.

14. Auswirkungen auf die Umwelt (seismische, akustische, thermische Belastungen )

– im Bau

– im Betrieb

Erdwärmeanlagen selbst leisten einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz. Erdwärme ersetzt Energie aus fossilen Rohstoffen und bringt den Aufbau einer klimafreundlichen Wärme- und Energieversorgung voran. Zudem ist der Flächenbedarf von Erdwärmeanlagen in Relation zur erzeugten Energiemenge gering. Umweltschutz spielt auch während der Projektentwicklung eine bedeutende Rolle. Bevor eine Tiefbohrung ausgeführt werden darf, ist eine Umweltverträglichkeitsvorprüfung obligatorisch. Die Vorprüfung umfasst umfangreiche naturschutzfachliche (Flora und Fauna) und hydrogeologische (Grundwasser) Untersuchungen. Je nach den Ergebnissen der Vorprüfung sind entsprechende Maßnahmen zu treffen. Der Flächenverbrauch oder die geänderte Flächennutzung muss ausgeglichen werden. Wird Wald gerodet, ist eine Aufforstung obligatorisch. Daneben können die Aufwertung von Forstflächen und Biotopen oder die Schaffung neuer Biotope Ausgleichsmaßnahmen sein. Durch die Bohrung sind keine Auswirkungen auf die Oberfläche zu erwarten. Die Distanz zwischen bebauter Oberfläche und Bohrlandepunkt beträgt mindestens 3 Kilometer. Während des Bohrvorgangs sowie beim Bau der Anlage treten Baustellenverkehr und Schallemissionen auf, die vergleichbar mit anderen Bauvorhaben sind. Nachts kommen Lichtemissionen hinzu. Nächtliche Arbeiten müssen so geräuscharm wie möglich ausgeführt werden.

In der Bauphase treffen wir alle gesetzlich vorgeschriebenen und situationsabhängig auch darüber hinausführende Maßnahmen, um die Beeinträchtigung von Anwohnern so gering wie möglich zu halten.

Während des Betriebs der Anlage ist mit keinen Auswirkungen zu rechnen. Messlatte für eine mögliche Lärmbelästigung im Betrieb ist die TA Lärm (siehe Frage 3). Sie dokumentiert und reguliert Lärm von Erdwärmeanlagen mit klaren Werten für die Zulässigkeit. Die Werte beruhen auf ebenso umfangreichen, wie anerkannten Studien. Da die Anlagen der tiefen Geothermie mit Abstand zur Wohnbebauung errichtet und gedämmt werden, kann die TA Lärm für Wohngebiete in der Betriebsphase unterschritten werden.

Durch den Einsatz eines umfangreichen, in die Tiefe horchenden Monitoringsystems können wir Erschütterungen in einem an der Oberfläche noch nicht spürbaren Frühstadium erkennen. Sollte es zu Erdschwingungen kommen, die auf den Anlagenbetrieb zurückführbar sind, wird die Leistung der Anlage über das Steuerungssystem (Ampel) entsprechend reduziert oder heruntergefahren. Das Umweltbundesamt und die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe beurteilten die seismischen Risiken der Geothermie wie folgt: „Die maximale Stärke von induzierten seismischen Ereignissen ist in der Geothermie deutlich niedriger als bei vielen weiteren Bergbauaktivitäten. Die Risiken sind bei Beachtung der in der Genehmigung festgelegten Vorsichtsmaßnahmen weder wahrscheinlich noch schwerwiegend.“ Quelle: Umweltbundesamt  https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/tiefe-geothermie-umweltrisiken-beherrschbar.

15. Reifegrad der Technik, speziell im Hinblick auf die Nutzung/Vernichtung der Prozesswärme

Jedes Kraftwerk (Atom, Kohle, Gas,  l, Biomasse etc.) gibt Wärme an die Umgebung ab, sofern diese nicht in ein Wärmenetz eingespeist wird. Die zur Stromerzeugung genutzten Betriebsmittel werden teils mit Wasser, teils durch Luftzirkulation heruntergekühlt. Im Gegensatz zu Kohle-,  Öl- und Gaskraftwerken emittieren Erdwärmeanlagen dabei allerdings kein CO2. Deshalb wird mit jeder MWh Strom aus Geothermie, die Strom aus fossiler Energie ersetzt, die Atmosphäre entlastet und das Klima geschützt. Die Wirkungsgrade der verschiedenen Technologien wurden oben bereits thematisiert. Die Deutsche ErdWärme plant bei allen Anlagen die Wärmeauskopplung, also die Bereitstellung der gewonnen Wärme für ein Wärmenetz, von Anfang an mit ein. Denn unser Ziel ist, überwiegend Wärme bereitzustellen und die Stromproduktion dann zu erhöhen, wenn, wie im Sommer, weniger Wärme nachgefragt wird. Das gilt mittel- bis langfristig auch für Standorte, wie z. B. in Graben-Neudorf, Waghäusel oder Dettenheim an denen das nicht sofort möglich ist, da es dort noch keine Wärmenetze gibt. Wir erwarten jedoch, dass eine vorhandene erneuerbare Wärmequelle den Auf- und Ausbau von Wärmenetzen dort beschleunigt. In der Übergangszeit nutzen wir die Wärme komplett zur Stromproduktion, die trotz der erhöhten Abgabe von Wärme an die Umwelt klimafreundlich ist.

16. Können Sie die Lithium-Gewinnung als Nebenprodukt ausschließen?

Die Lithiumgewinnung aus tiefer Geothermie ist aktuell noch im Forschungsstadium. Pilotprojekte gibt es zum Beispiel in Bruchsal und Insheim. Bei beiden ist noch nicht ersichtlich, dass in Kürze eine für die industrielle Nutzung nennenswerte Menge gewonnen werden kann. Wir konzentrieren uns auf den Bau von Erdwärmeanlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme. Insbesondere die Wärmeplanung und – versorgung sollte aus unserer Sicht aktuell vorrangiges Ziel der Städte und Gemeinden sein. Dafür halten wir an unserem Sicherheitskonzept fest, dass einen geschlossenen Kreislauf für die Erschließung des Thermalwasserreservoirs und damit keinen Ansatz zur Gewinnung von Lithium vorsieht. Sollte es irgendwann möglich sein, Lithium sauber, sicher und unter wirtschaftlichen Bedingungen am Oberrhein zu gewinnen, werden wir die entsprechenden Verfahren prüfen und mit den Standortgemeinden unserer Anlagen besprechen. Es wäre in jedem Fall ein komplett neues Projekt, dass neue Anlagen benötigt und entsprechende Genehmigungsverfahren durchlaufen muss.

17. Genauere Angaben hätten wir gerne zum komplexen Firmenkonstrukt der Deutsche Erdwärme GmbH & Co KG

Das „Konstrukt“ ist nicht so komplex wie es von der IG gerne dargestellt wird.

• Die Deutsche Erdwärme GmbH in Grünwald ist Inhaber aller Lizenzen und hat die Aufgabe Erdwärmeanlagen zu planen, zu entwickeln und zu finanzieren.

• Die Entwicklungsgesellschaft Deutsche ErdWärme GmbH & Co KG hat ihren Sitz in Karlsruhe und setzt die Projekte operativ um.

• Für die einzelnen Erdwärmeanlagen werden eigene Projektgesellschaften gegründet, die ihre Sitze am jeweiligen Standort haben können. (Siehe diesbezüglich auch Frage 8)

• Die von der IG häufig angeführt Gesellschaft mit Sitz in Dubai stammt aus den Anfängen der Gründungsphase, in der einer der Gründer seinen Wohn- und Arbeitssitz dort hatte. Die Gesellschaft dort wurde mit  Übergang in die GmbH in Grünwald aufgelöst.

18. Welche negativen Ausgasungen (z.B. Radon) entstehen?

Beim Test der ersten Bohrung wird Wasser in ein Auffangbecken geleitet. Dieses Wasser kann Schwefel und Methan enthalten und entsprechende Gerüche absondern. Dies betrifft nur wenige Tage in der Bauphase. Während des geregelten Betriebs läuft das Wasser durch einen geschlossenen Kreislauf, aus dem keine Gase, Gerüche und Wasserdampf entweichen können. Unsere Erdwärmeanlagen setzen keine Radioaktivität frei und erzeugen im laufenden Betrieb keine radioaktiven Emissionen. Das mineralisierte Thermalwasser hat geringe Konzentrationen an radioaktiven Elementen und weist deshalb eine Strahlung auf. Bei der Anlage handelt es sich um ein hydraulisch geschlossenes System, bei dem das Thermalwasser zu 100 Prozent in dasselbe Reservoir zurückgeführt wird. Das Wasser hat keinen Außenkontakt und tritt im laufenden Betrieb auch nicht an der Oberfläche aus.

Lediglich an Filtern und Wärmetauschern der Kraftwerksanlage können sich radioaktive Rückstände in kleinen Mengen ablagern. Diese werden bei Wartungs- und Reinigungsarbeiten fachmännisch entsorgt. Für die Bevölkerung besteht keine Gefahr. Die Arbeiter müssen jedoch bei der Reinigung der Anlage aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen Schutzkleidung tragen. Die Ablagerungen (Scalings) sollten nicht eingeatmet oder geschluckt werden.

19. Wie lange kann dieses Kraftwerk betrieben werden, bis das Reservoir abgekühlt ist?

Das Bayerische Landesamt für Umwelt hat diesbezüglich Studien an bayerischen Anlagen in Auftrag gegeben. Sie kommen zu folgendem Ergebnis: An der Förderbohrung genügt die Lebensdauer eines Geothermie-Kraftwerks nicht, um die Temperatur merklich abzusenken – sofern die Anlage richtig ausgelegt ist. Auch um die Reinjektionsbohrung reicht die Abkühlung nach 50 Jahren meist weniger als einen Kilometer weit, wie Berechnungen speziell für bayerische Anlagen zeigen. Das Thermalwasser wird mit einer Temperatur von 60 C in den Untergrund zurückgeführt und erwärmt sich auf dem Weg zur Förderbohrung durch die nachströmende Erdwärme wieder. Die ältesten aktiven Geothermiekraftwerke in Laderello, Italien, laufen seit rund 100 Jahren.

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